3.3. Erarbeitung und Umsetzung

Auch die Art und Weise, wie die Regionalen Entwicklungskonzepte erarbeitet werden, beeinflußt deren Akzeptanz und Umsetzung. Erfolgreiche Regionalentwicklung heißt, den in der Region vorhandenen Sachverstand zu aktivieren und zu nutzen. Es gilt sich das Problem- und Expertenwissen aber auch die "Alltagsprofessionalität" der RegionsbewohnerInnen zu Nutze zu machen.
Handlungsziele und -maßnahmen dürfen den Adressaten nicht von außen aufgedrückt werden, sondern müssen mit ihnen gemeinsam erarbeitet und von ihnen mitgetragen werden. Weiterhin ist die Realisierung davon abhängig, ob sich die regionalen Akteure zur Umsetzung der Ziele und Maßnahmen selbst verpflichten und inwieweit das Regionalmanagement die für die Umsetzung notwendigen Vorkehrungen trifft.

Stolperstein
 

Die Erarbeitung des Konzeptes: top down oder down up

Die Art und Weise wie die Diskussion und Konsensfindung in der Region erfolgt und welche gesellschaftlichen Gruppen daran beteiligt sind, entscheidet über die Akzeptanz und Umsetzung regionaler Entwicklungskonzepte. Grundsätzlich lassen sich folgende Vorgehensweisen unterscheiden:

 
 
  • "top down"
    Ziele, Leitbilder, Strategien oder auch Projekte werden von der Leitungsebene (Verwaltung, politische Entscheidungsträger etc.) entwickelt und festgelegt.
    Bei dieser Vorgehensweise besteht die Gefahr, dass das Konzept als aufgesetzt bzw. übergestülpt gesehen wird und schlimmstenfalls nicht angenommen wird. Auf jeden Fall erfordert dies einen hohen Einsatz, um die regionalen Akteure vom Konzept und ihrer aktiven Mitwirkung zu überzeugen.

  • "bottom up"
    Das Konzept wird hier von den Betroffenen, den regionalen Akteuren, gemeinsam entwickelt. Das erhöht die Identifikation und erleichtert somit die Umsetzung. Es erfordert jedoch eine längere Diskussion und Konsensfindung, da zunächst einmal die jeweiligen Interessen, Bedürfnissen und Vorstellungen formuliert und im weiteren in Übereinstimmung gebracht werden müssen.

  • "down up"
    In der Praxis werden beide Vorgehensweisen häufig kombiniert. So wird bei der Formulierung der einzelnen Konzeptbausteine (wie Gebietsdiagnose, Leitbildentwicklung, Strategieentwicklung oder Projektentwicklung) entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis ein mehr oder weniger breiter Personenkreis beteiligt und damit eine mehr oder weniger breite regionale Diskussion geführt.
 
 

Die Konzptentwicklung ruht auf vielen Schultern

An der Formulierung und Umsetzung Regionaler Entwicklungskonzepte wirken Personen, gesellschaftliche Gruppen und regionale Einrichtungen in unterschiedlichsten Funktionen, in unterschiedlichem Maße und zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit. In diesem Zusammenhang ist folgendes zu klären:

 
 
  • die Verantwortlichkeiten
    für die Erarbeitung, Umsetzung und Umsetzungskontrolle des Regionalen Entwicklungskonzeptes. Der Handlungsauftrag muß klar formuliert sein und von möglichst vielen regionalen Entscheidungsträgern getragen werden.

  • Personen und Institutionen,
    die an der Konzeptentwicklung mitwirken sollen. Ziel muß es sein, Menschen mit innovativen Ideen und Ressourcen einzubinden, die selten berücksichtigt werden, um verschiedene Standpunkte zu berücksichtigen, ohne jedoch die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit zu sprengen. Planungsbeteiligte können Entscheidungsträger, Schlüsselpersonen aus unterschiedlichsten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, Experten, die breite Bevölkerung oder einzelne Zielgruppen sein. Auch Fachplanungen und übergeordnete Behörden, die im weiteren für die Genehmigung und Finanzierung von Vorhaben verantwortlich sein können, sind potenzielle Partner. (->Erfolgsfaktor "Menschen")

  • Konzeptbausteine,
    an denen eine Mitwirkung erwünscht ist, d.h.: an der Problemdefinition, der Leitbild- und Zielfindung, der Strategiediskussion, der Entwicklung von Handlungsfeldern und Projekten und / oder der Konzeptevaluierung und -fortschreibung?

  • Mitwirkungsgrad,
    d.h.: werden die Planungsbeteiligten eher als Ideenspender gesehen oder werden sie auch mit Mitsprache- und Entscheidungsbefugnissen ausgestattet?

  • Mitwirkungszeitpunkt,
    d.h.: wird man während der gesamten Erarbeitung eingebunden oder nur bei wichtigen Entscheidungen, wie Prioritätensetzung, Entscheidungsfindung, wichtigen Prozessmeilensteinen?

  • Form und Foren der Ideen-, Meinungs- und Konsensfindung,
    d.h.: beschäftigen sich ein oder mehrere Arbeitskreise oder Gremien mit Bausteinen des Entwicklungskonzeptes? Werden andere Beteiligungsformen, wie Regionalkonferenzen, Regionalforen, Zukunftswerkstätten, Zukunftskonferenzen, genutzt? Können Kreativitätstechniken den Ideenfluss beflügeln, die Kreativität steigern und Denkblockaden durchbrechen? (->Information und Kommunikation)

  • methodische und/oder inhaltlich-konzeptionelle Unterstützung durch externe Experten.
    Hierbei kann es sich sowohl um einschlägige Experten bzw. Büros, als auch um Fachbehörden, Landesbehörden oder Ministerien handeln. Sollten externe Personen eine zentrale Rolle im Erarbeitungsprozess einnehmen, ist eine permanente Rückkopplung mit den regionalen Akteuren notwendig. Nur dadurch wird das regionale Wissen optimal genutzt und eine aktive Auseinandersetzung in der Region mit den Problemen, den Entwicklungszielen und -strategien erreicht.
Gutes Beispiel
 

Von der Planung zur Umsetzung

Die Regionalen Entwicklungskonzepte sind als Chance für die Region zu begreifen. Sie müssen Grundlage des regionalen Handelns sein, indem sich Aktivitäten mit regionaler Relevanz an den Zielen orientieren. Auf keinen Fall sollen die Konzepte nur ein "notwendiges Übel" sein, um Anforderungen von Förderinstitutionen gerecht zu werden.
Da mit den Konzepten zunächst einmal keinerlei finanzielle oder rechtliche Konsequenzen verbunden sind, kommt es darauf an, die für den Vollzug des Konzeptes erforderlichen Weichenstellungen vorzunehmen. Die Realisierungschancen von Regionalen Entwicklungskonzepten steigen, wenn folgende Punkte beachtet werden:

 
 
  • Das Konzept ist das Ergebnis eines breit angelegten regionalen Diskussions- und Beteiligungsprozesses.

  • Ein hoher Bekanntheits- und Verbreitungsgrad des Konzeptes in der Region:
    Ziele und Inhalte müssen kontinuierlich und zielgruppenorientiert kommuniziert und vermittelt werden. Die breite Öffentlichkeit sowie Entscheidungsträger und Einrichtungen in der Region müssen über die Notwendigkeit, die Hintergründe, die Herangehensweise, den (Zwischen-)Stand und die Ergebnisse der Planung informiert und zur Mitarbeit angeregt werden. (-> Kommunikation)
    Auch die Auflagenstärke und der Verteiler für Zwischenberichte und fertige Konzepte sind in diesem Zusammenhang wichtig.

  • Eine gute Lesbar- und Verständlichkeit des Konzeptes:
    Das bedeutet beispielsweise sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und "Datenfriedhöfe" zu vermeiden, die wesentlichen Konzeptinhalte in Form von Broschüren, Faltblättern als Kurzversion zu verbreiten, die Konzepte inhaltlich und gestalterisch ansprechend aufzubereiten.

  • Klare Verantwortlichkeiten:
    Zum einen muß die Institution bzw. Person, die für das regionale Entwicklungskonzept verantwortlich zeichnet, auch dazu beauftragt worden sein. Diese "Legitimation" ist für die Akzeptanz des Konzeptes und seiner Inhalte unerläßlich. Zum anderen müssen Personen bzw. Institutionen für die Umsetzung der Konzepte und der einzelnen Projekte verantwortlich zeichnen. Diese Verantwortlichkeiten sollten bereits bei der Konzept- und Projektformulierung geklärt werden.

  • Organisatorische Strukturen und Abläufe ggf. anpassen:
    Vielleicht müssen neue Gremien und Verantwortlichkeiten geschaffen werden, die sich mit bestimmten regionalen Themen und Projekten beschäftigen. Möglicherweise müssen auch neue Partner gewonnen oder andere Entscheidungswege und Verfahren eingeführt werden. (-> Ablauforganisation)

  • Eine stetige Rückkopplung mit kommunalen und regionalen Entscheidungs- und Hoheitsträgern sowie regional bedeutsamen Investitionsentscheidungen:
    Hierzu gehört die Diskussion mit den Verantwortlichen und Entscheidungsträgern in der Region darüber, welche Konsequenzen sich aus dem Regionalen Entwicklungskonzept für ihr künftiges Planen und Handeln ergeben sollten. Insbesondere ist zu klären, inwieweit eine Fixierung und Umsetzung wesentlicher Elemente des Entwicklungskonzeptes in verbindlichere Planungen der Kommunen, der Region oder der Fachbehörden notwendig und realistisch ist.
    Notwendig ist außerdem eine permanente Beobachtung, ob Planungen und Aktivitäten der Kommunen und regionaler Einrichtungen oder auch regionalbedeutsame private Investitionsentscheidungen mit den im Entwicklungskonzept formulierten Zielen und Projekten übereinstimmen. Eventuelle Abweichungen und Interessenkonflikte sind zu thematisieren und Lösungsmöglichkeiten im Interesse der Region zu suchen.

  • Eine Selbstverpflichtung regionaler Akteure, sich in ihrem künftigen Handeln an den Zielen und Ergebnissen des regionalen Entwicklungskonzeptes zu orientieren: Um die notwendige politische Rückendeckung zu bekommen, empfiehlt es sich politische Gremien frühzeitig und kontinuierlich einzubinden. Bereits im Vorfeld der Konzepterstellung sollten Notwendigkeit, Zielrichtung und mögliche Inhalte diskutiert werden. Wichtige Teil- und Zwischenergebnisse sowie die Endergebnisse sollten zur Kenntnis genommen und diskutiert werden.
    Leitbilder und Entwicklungsziele, Handlungsfelder und Projekte müssen über Fraktionsgrenzen hinweg mit getragen werden. Beschlüsse mit empfehlendem Charakter oder die Fixierung von Inhalten des Regionalen Entwicklungskonzeptes in Kooperationsvereinbarungen sind hilfreich. (-> Ablauforganisation).
    Auch eine gewisse finanzielle Eigenbeteiligung am Regionalen Entwicklungskonzept - Ablauf erhöht dessen Selbstbindungswirkung.

  • Die Festlegung von "Prozessmeilensteinen oder Ergebnismeilensteinen", an denen beispielsweise wichtige Ziele erreicht, Schlüsselprojekte realisiert sein sollen.
 
 

Gleichzeitigkeit von Planen und Handeln, von Konzept und Projekt

Zwischen der Entwicklung von Zielvorstellungen und deren Umsetzung darf möglichst wenig Zeit verstreichen. Erfahrungsgemäß führt eine lange Planungsphase, bei der Vorteile und Ergebnisse der Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum nicht erkennbar sind, zu Ermüdung und Frustration bei den Beteiligten. Daher ist die Konzeptumsetzung bereits während der Erarbeitung zu bedenken.
Gerade wenn es sich um einen breiter und längerfristig angelegten Ziel- und Konsensfindungsprozess handelt, sollten Konzeptentwicklung und -umsetzung parallel erfolgen. Eine wichtige Funktion haben hierbei sog. Einstiegs- oder Pilotprojekte, die bereits in einem sehr frühen Stadium die Kooperation wichtige Entwicklungsimpulse geben und die Kooperation festigen und vorantreiben können, indem sie zeigen, wie sich durch kooperatives Handeln Erfolge in der Region erzielen lassen. (-> Ablauforganisation)

 
 

Wechselwirkungen zwischen Regionalem Entwicklungskonzept und Planungen auf kommunaler, regionaler, Landes- oder sektoraler Ebene

Grundsätzlich sollten auch bestehende Abhängigkeiten zwischen dem Regionalen Entwicklungskonzept und anderen Planungen und Planungsinstrumenten auf regionaler und kommunaler Ebene hinterfragt werden. Insbesondere ist zu prüfen, inwieweit sich die Kernaussagen des Regionalen Entwicklungskonzeptes mit den Vorgaben und Inhalten anderer Planungen decken und wie mit eventuellen Abweichungen umzugehen ist.

Möglicherweise ist es auch notwendig, die im Regionalen Entwicklungskonzept formulierten Ziele, Strategien und Projekte in anderen Planwerken mit stärkerer Rechtsverbindlichkeit (wie Regionalplänen, Bauleitplänen, Fachplänen) zu verankern und abzusichern.

Tipps

Checkliste

 

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