4.3. Ablauforganisation

Kooperative Regionalentwicklung ist ein Vorgang mit hoher Komplexität. Daher ist die Ablauforganisation von großer Bedeutung für das Gelingen. Definitionsgemäß legt die Ablauforganisation die Reihenfolge der einzelnen Schritte fest und wie das Koordinationsproblem gelöst werden kann. Dabei lassen sich die Koordinationsaufgaben in eine zeitliche, horizontale und vertikale Komponente zerlegen.

 
 
Übertragen auf den Prozess der kooperativen Regionalentwicklung bedeutet dies:
  • eine inhaltliche Strukturierung des komplexen Prozesses in einzelne, aufeinander aufbauende Teilschritte bzw. Meilensteine,

  • eine zeitliche Abstimmung der einzelnen Teilschritte, d.h. wann welche Aufgaben und Meilensteine in Angriff genommen und abgeschlossen werden (Zeitachse),

  • der organisationsinterne Ablauf des Kooperationsprozesses und

  • eine Koordinierung und Verzahnung zwischen der kooperativen Regionalentwicklung und sonstigem regionalen Handeln.
 
 

"Kooperationsfahrplan" oder "Drehbuch" erstellen

Der Gesamtprozess muss zunächst inhaltlich strukturiert, d.h. in überschaubare und realisierbarer Meilensteine untergliedert werden. Dies hilft bei der Planung und Realisierung komplexer Projekte oder Systeme. Für den Prozess der kooperativen Regionalentwicklung heißt dies: Menschen müssen sich zusammentun, ein Netzwerk muß aufgebaut werden. Ideenentwicklung und Zielfindung müssen stattfinden und Konsens über Strategie und Inhalte muß hergestellt werden. Arbeits- und Umsetzungsstrukturen müssen geschaffen und am laufen gehalten werden. Projekte müssen umgesetzt werden, etc.

Diese Teilschritte müssen zudem in eine optimierte zeitliche Abfolge gebracht werden, wobei Aktivitäten durchaus parallel verlaufen können. Beispielsweise ist zu klären, zu welchem Zeitpunkt ein Leitbildentwicklungsprozess stattfindet bzw. ein Regionales Entwicklungskonzept erstellt wird; (->Erfolgsfaktor Konzept); ob mit der Umsetzung konkreter Projekte und Aktivitäten vor, parallel oder nach der Erarbeitung des Leitbildes und des Entwicklungskonzeptes gestartet wird; wann welche Institutionen und Personen eingebunden werden; wann welche Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe gewährleistet sein bzw. verändert werden müssen etc.
Hilfreich ist dabei ein "zeitlicher Fahrplan". In diesem Ablaufplan bzw. Ablaufdiagramm wird festgelegt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Arbeitspakete angepackt werden, wann welche Bausteine in Angriff genommen werden und wieviel Zeit für deren Umsetzung vorgesehen ist. Dazu muß der erforderliche Zeitaufwand zumindest grob kalkuliert werden. Technische Hilfsmittel, wie Stufenpläne, Balkendiagramme oder Netzpläne (Netzplantechnik), können hilfreich sein indem sie den Ablauf graphisch visualisieren.
Diese Zeitplanung ist auch Grundlage für die Personal- und Kostenbedarfsermittlung. (-> Finanzierung)

Stolperstein
 

Phasen des Kooperationsprozesses beachten

Kooperationen müssen sich entwickeln und wachsen. Dieser Implementierungsprozess verläuft wenn auch nicht strikt chronologisch sequentiell so doch in einer weitgehend typischen Abfolge. Bei diesen einzelnen Etappen stellen sich recht verschiedene Anforderungen an die Umsetzungskompetenz und sind unterschiedliche "Bewährungsproben" zu bestehen:

 
 
Kriterien für die Wahl von Einstiegsprojekten
  • regional relevantes Thema bzw. Problem
  • breiter regionaler Konsens über die Ziele, Inhalte und Vorgehensweise
  • schnelle Umsetzbarkeit
  • Finanzierbarkeit
  • Vermittelbarkeit und Visualisierbarkeit des Ergebnisses etc.
 
 
  • Die Initialisierung (Initiativphase) oder der Einstieg in die Kooperation:
    Zu diesem Zeitpunkt bestehen in der Regel noch keine konkreten Vorstellungen über das "was", "wie" und "mit wem". Es gibt lediglich den Wunsch oder auch die Einsicht, etwas in der Region zu verändern. In diesem Stadium geht es im wesentlichen darum für die Ideen zu werben und weitere Mitstreiter davon zu überzeugen.

  • Inhaltliche und personelle Entwicklung der Kooperation
    In diesem Kooperationsstadium bildet sich eine Stammmannschaft, ein fester Kern von Kooperationspartnern, heraus. Kooperationsziele und Kooperationsstrategie werden zunehmend deutlicher, erste konkrete Maßnahmen und Projekte zeichnen sich ab.
    Die Aufgabe besteht nun im Ausbau des Kooperationsnetzwerks und der Gewinnung von Fürsprechern in der Region sowie in entscheidenden Fachressorts. Darüber hinaus müssen organisatorische Grundstrukturen geschaffen werden. Langwierige Diskussionen über Organisation, Strukturen sowie ein intensiver Planungsprozess können abschreckend wirken. Nach dem Motto "Erfolge überzeugen" kommt es darauf an, durch kurzfristige erfolgreiche Einstiegs- oder Pilotprojekte und eine angemessene Medienarbeit die Vorteile und Chancen kooperativen Handelns sichtbar zu machen.

  • Umsetzung und Implementierung
    Nun beginnt die konsequente Umsetzung der Kooperation. Investive Mittel zur Realisierung von Projekten und Aktionen werden benötigt. Ergebnisse und Erfolge müssen sichtbar werden. Auch hier sind Überzeugungskraft und Begeisterungsvermögen gefragt, da es gilt (weitere) Partner für die Umsetzung zu gewinnen. Augenmerk ist darauf zu richten, die Gesamtstrategie nicht aus den Augen zu verlieren und sich in einer Vielzahl von Einzelprojekten zu verzetteln.

  • Verstetigung bzw. Abschluß der regionalen Kooperation
    Kooperationen sind zunächst nicht auf Dauer angelegt. Sie haben zumeist temporären Charakter. Sind die anfangs formulierten Ziel- und Aufgabenpakete erfolgreich abgearbeitet, stellt sich heraus, dass die Ziele nicht zu verwirklichen sind, bzw. läuft die Anschubfinanzierung aus, ist zu klären, ob die Kooperation weitergeführt werden oder ein Schlußstrich gezogen werden soll.
    Bei vielen Vorhaben ist eher eine Befristung angezeigt. Gerade öffentlich geförderte Projekte sind tendenziell dahingehend ambitioniert, nur eine Anstoßfunktion, eine Vorreiterrolle oder einen Initialeffekt auszulösen.
    Die Entscheidung über Weiterführung oder Einstellung der Kooperation hängt maßgeblich davon ab, ob die bisherige Zusammenarbeit als Erfolg gewertet wird, ob regionale Probleme auch weiterhin kooperativ gelöst werden sollen und ob die regionale Kooperation auch als langfristig tragfähig gesehen wird. Fällt eine Entscheidung zugunsten einer Verstetigung der Kooperation besteht die Aufgabe darin, stabile Organisations- und Trägerstrukturen zu schaffen, beispielsweise durch Gründung eines Fördervereins, einer Regionalen Entwicklungsagentur oder -gesellschaft. In diesem Fall wird die Kooperation zur Normalität und geht in das Alltagshandeln über.
 
 

Frühzeitig Weichen für die Zeit nach Ablauf der Förderung stellen

Weichen für eine eventuelle Weiterführung der Kooperation nach Ablauf der Anschubfinanzierung sind bereits frühzeitig zu stellen.
Da in der Region ein höherer Eigenanteil möglicherweise sogar eine 100%ige Eigenfinanzierung notwendig wird, müssen für und wider einer Weiterführung, geeignete Organisationsformen und -strukturen, Träger- und Finanzierungslösungen ausgiebig auf breiter regionaler Basis diskutiert werden. Nur ein vorausschauendes Handeln ermöglicht eine Kontinuität von Förderzeiträumen und -programmen sowie inhaltlich und personell unabhängige Kontinuität. Die Diskussion über Organisation und Strukturen darf jedoch nicht zur einer Behinderung der inhaltlich-fachlichen Arbeit führen.

 
 
Auf das richtige Timing kommt es an

Gutes Timing einer kooperativen Regionalentwicklung bedeutet:
  • eine kooperative Regionalentwicklung als langwierigen und komplexen Prozess zu begreifen und auch in der Region als solchen zu vermitteln,

  • den komplexen Gesamtprozess in überschaubare und realisierbare Teilabschnitte zu untergliedern und die für die regionale Entwicklung notwendigen Schritte und Maßnahmen auf eine Zeitachse zu bringen,

  • die richtigen Schritte zum richtigen Zeitpunkt zu tun, d.h. beispielsweise konfliktträchtige Themen dann in Angriff zu nehmen, wenn auch die Zeit dafür "reif" ist,

  • ein Tempo einzuschlagen, das die Beteiligten fordert, ohne sie zu überfordern oder zu unterfordern,

  • Handlungskontinuität in thematischer und strategischer Hinsicht und nicht kurzfristigen / -sichtigen Aktionismus zur Grundlage regionalen Handelns zu machen.
 
 

Kooperationen brauchen Zeit

Auf regionalen Kooperationen lastet häufig ein enormer Erwartungs- und Erfolgsdruck. Veränderungen sollen immer möglichst sofort geschehen. Regionaler Wandel benötigt jedoch einen bewussten Umgang mit dem Faktor Zeit. Einerseits braucht Wandel "schnelle Erfolge". Dadurch wird Entschlossenheit demonstriert und die Zweifelnden sehen, dass es vorwärts geht. Andererseits kann man durch ein zu hohes Tempo die "Mannschaft" leicht hinter sich verlieren. Fehlt die Zeit für Austausch und Kommunikation können Konflikte entstehen, die Nachhaltigkeit des Wandels kann gefährdet sein.

Der Zeitplanung muß daher ein realistischer Zeithorizont des Gesamtprozesses und der einzelnen Phasen zugrunde liegen. Das bedeutet für die Beteiligten - aber auch für potenzielle Finanziers und Fördermittelgeber - Geduld und Ausdauer aufzubringen und sich auf einen längeren Zielfindungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozess einzustellen. Konkrete Zeitvorgaben für eine erfolgreiche kooperative Regionalentwicklung sind nicht möglich. Erfahrungsgemäß werden für nachhaltige Lösungen mindestens 3-5 Jahre benötigt. Der Zeitbedarf ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

 
 
  • vom Komplexitätsgrad der Entwicklungsprobleme, -ziele und -strategie, d.h. dem Aufwand, der zum Erreichen der Entwicklungsziele notwendig ist,

  • von den personellen und finanziellen Ressourcen, die verfügbar sind bzw. gewonnen werden können, sowie

  • vom regionalen Konsens und der Mitwirkungsbereitschaft in der Region.
 
 

Bei der Zeitplanung ist grundsätzlich zu bedenken, dass die Zielfindung, Entscheidung und Umsetzung von Konzepten und Projekten bei kooperativen Lösungen im Regelfall länger dauert als bei Einzelentscheidungen. Zeitliche Richtschnur sind nicht die Entscheidungsfreudigen sondern die Zögerlichen, die noch mit ins Boot geholt werden müssen. Strategie kann jedoch auch sein, "voran zu marschieren" und durch Ergebnisse zu überzeugen.

 
 

Jahresplanung

Die Kontinuität der kooperativen Regionalentwicklung ist sicherzustellen und der Prozess in der Region immer wieder sichtbar zu machen. Dabei hilft eine Jahresplanung, bei der die wichtigen Ereignisse in der Region und im regionalen Entwicklungsprozess möglichst über das Jahr verteilt zusammengestellt werden. Diese Jahresplanung hat auch eine wichtige Steuerungs-, Koordinierungs- und Kontrollfunktion. Bei der Jahresplanung sind insbesondere zu berücksichtigen:

 
 
  • inhaltliche Meilensteine, d.h. Prozessabschnitte oder Ergebnisse von besonderer Bedeutung im Prozessverlauf, bei denen Entscheidungen verlangt werden, um weiter arbeiten zu können,

  • öffentlichkeitswirksame Projekt- und (Zwischen-) Ergebnispräsentationen (wie Einweihungen, Eröffnungen, Feste),

  • wichtige regionale Ereignisse (regionale Highlights), wie öffentlichkeitswirksame Events, zentrale Veranstaltungen (wie Regionalkonferenzen, regionale Feste, Themenwochen, Besuche wichtiger Personen in der Region, feierliche Kooperationsunterzeichnungen etc.),

  • Sitzungstermine übergeordneter Kooperationsgremien (wie Lenkungsgruppe, Beirat etc.),

  • eine kontinuierliche Presse - und Öffentlichkeitsarbeit , beispielsweise in Form eines Medienplans (-> Kommunikation),

  • externe Zeitvorgaben, wie Antragsfristen oder Förderzeiträume.
 
 

Organisationsinterne Abläufe effektiv gestalten

Eine effektive und effiziente Gestaltung des Prozessablaufes ist ein weiterer Bestandteil der Ablauforganisation. Dies ist um so wichtiger, da der Kooperationsaufwand die in Politik und Verwaltung vorhandenen Problembearbeitungskapazitäten vielfach übersteigt: Zusammenarbeit führt zunächst zu Mehrarbeit und damit möglicherweise zu enormen Belastungen der Kooperationspartner durch zusätzliche Termine, deren Vor- und Nachbereitung sowie die Beschäftigung mit neue Aufgaben.
Das erfordert u.a. eine in sich effektive Durchführung von Sitzungen und Terminen, eine intensive Kommunikation innerhalb des Netzwerkes eine gute Koordinierung und einen optimalen Austausch und Informationsfluß zwischen den verschiedenen Teilprojekten. (-> Kommunikation)

Stolperstein
 

Rhythmus von Veranstaltungen beeinflußt Wahrnehmung und Kommunikationsintensität

Häufige und regelmäßige Interaktionen stabilisieren die Kooperation. Auf einen regelmäßigen Sitzungsturnus der Kooperationsgremien ist daher zu achten (-> Aufbauorganisation). Vor allem die Sitzungen der Arbeitsebene müssen zur "Routine" und ein fester Bestandteil des Terminkalenders werden.
Wichtig sind auch regelmäßige, möglichst in nicht zu langen zeitlichen Abständen (max. 2 J.) stattfindende Regionalkonferenzen, Zukunftswerkstätten oder sonstige Veranstaltungen der regionalen Begegnung und des regionalen Austausches, die zugleich den Kooperationsprozess öffentlichkeitswirksam präsentieren. Diese in längerem Abstand stattfindenden Großveranstaltungen sollten durch regelmäßige themenbezogene regionale Gesprächs- bzw. Projektforen oder Werkstätten (z.B. Direktvermarktung, Regionalmarketing) ergänzt werden.

Gutes Beispiel
 

Spannungsbogen, Erlebbarkeit und Inszenierung ("Drehbuch")

Um Ermüdungs- und Frustrationserscheinungen vorzubeugen, muß der zeitliche Ablauf der kooperativen Regionalentwicklung einen Spannungsbogen ergeben. Das heißt es muß Entwicklungsdynamik erkennbar sein, es müssen immer wieder Ergebnisse und Fortschritte eintreten und auch in der Region erkennbar sein. Wichtig ist die Erlebbarkeit und Inszenierung des Kooperationsprozesses. Dies erfordert eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit, den Auftritt regionaler Schlüsselpersonen, sichtbare und anfassbare Projekte und Ergebnisse sowie vielfältige und auf verschiedene regionale Zielgruppen zugeschnittene Angebote und Veranstaltungen. Diese regelmäßigen regionalen Events machen nicht nur die breite Öffentlichkeit auf die Vorhaben aufmerksam, sondern bestätigen und motivieren auch die unmittelbaren Akteure in ihrem Handeln.

 
 

Verbindliche und kontinuierliche Mitarbeit sicher stellen

Ein effektives Arbeiten in den Kooperationsgremien setzt eine kontinuierliche Anwesenheit und Mitwirkung der einzelnen Mitglieder voraus. Dies gilt für alle Kooperationsgremien. Ist dies nicht sichergestellt, gehen wertvolle Informationen verloren bzw. Themen müssen immer wieder von Neuem behandelt werden. Terminliche Engpässe, eine bereits hohe Arbeitsbelastung durch Routineaufgaben, eine Vielzahl an Gremiensitzungen im Zusammenhang mit der Kooperation, geringes Interesse usw. führen nicht selten zu einer unregelmäßigen Teilnahme an den Arbeitstreffen. Obwohl eine Verhaltensänderung der Teilnehmer insgesamt nur schwer zu erreichen ist, kann u.a. vorgebeugt werden, indem:

 
 
  • den einzelnen Mitgliedern die Verantwortung für bestimmte Aufgaben übertragen wird und sie somit in die "Pflicht genommen" werden;

  • die verschiedenen Gremien in einem festen Turnus zusammenkommen. Feste Arbeitstermine, wie z.B. feste Tage im Monat mit festen Uhrzeiten, aber auch eine längerfristige vorausschauende Terminplanung erleichtern die Terminfindung;

  • die Zahl der Kooperationsgremien und -termine so gering wie möglich gehalten wird, um einer "Terminüberfrachtung" vorzubeugen;

  • Vertretungsregelungen, zumindest sicherstellen, dass ein und derselbe "Stellvertreter" das Regelmitglied im Bedarfsfalle vertritt;

  • möglicherweise auch "Strafen", beispielsweise in Form von Geldern vereinbart werden, die die "Säumigen" in die Gemeinschaftskasse einbezahlen.
 
 

Willensbildung und Entscheidungsprozesse frühzeitig klären

Die Art und Weise, wie Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse bei der kooperativen Regionalentwicklung erfolgen, gibt Auskunft über das kooperative Selbstverständnis sowie die Herangehensweise und Methode der Kooperation.

 
 
Die Willensbildung kann erfolgen
  • von oben im Sinne eines "top down" Verfahrens,

  • als "bottom up", d.h. von der Basis ausgehend, oder

  • als "down up", d.h. im Sinne eines Gegenstromverfahrens, bei dem von der Spitze zwar Oberziele vorgegeben werden, den Entscheidungsträgern in den unteren Ebenen jedoch Spielräume hinsichtlich der Ausgestaltung zugestanden werden.
 
 

Bedeutsam ist auch die Frage, mit welchen Mehrheitsverhältnissen Entscheidungen getroffen werden.
Von hierarchischen Ebenen getroffene Einzelentscheidungen kommen zwar schnell zustande, stoßen jedoch leichter auf Widerstand, womit sich wiederum der Zeit- und Energieeinsatz für die Umsetzung erhöhen kann.
Für wichtige Entscheidungsprobleme hat sich die Zwei - Drittel - Mehrheit (qualifizierte Mehrheitsentscheidungen) bewährt. Hierbei werden meist alle Entscheidungspartner und Kontrahenten zum intensiveren Argumentieren und Qualifizieren ihrer Standpunkte gezwungen.
Der Konsens, d.h. Einstimmigkeit, bringt die besten Entscheidungen hervor. Nachteile von Gruppen- oder Konsensentscheidungen sind sicherlich der relativ hohe Energie- und Zeiteinsatz. Diese wird jedoch im Normalfall durch deutliche Zeiteinsparungen bei der Durchführung kompensiert. Grundsätzlich zu klären ist auch, ob Vorhaben in Angriff genommen werden, die nicht von allen Partnern als relevant oder wichtig eingeschätzt werden.

 
 

Kooperationsvereinbarungen oder Spielregeln für die Kooperation

Eindeutige, zu Papier gebrachte Spielregeln erleichtern die Zusammenarbeit. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um informelle oder formelle Verfahren handelt. Je enger die Verflechtung ist, bzw. werden soll, desto dringlicher und detaillierter müssen auch die Spielregeln fixiert werden.
Von Vorteil ist es, die Spielregeln möglichst frühzeitig festzulegen. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass jeder noch unvoreingenommen und an einer fairen Vereinbarung interessiert ist. Spätestens dann, wenn aus der Kooperation finanzielle oder sonstige Verpflichtungen für einen oder mehrere beteiligte Partner resultieren, sind Vereinbarungen zwingend.

 
 
Die Regeln für eine neue politische Kultur
  • Erfolge werden gemeinsam geteilt.
  • Ein rücksichtsvoller und toleranter Umgang mit einander wird gepflegt.
  • Informationen sind für alle gleich zugänglich.
  • Jeder Beteiligte gibt sein Bestes zur Zielerreichung.
  • Patentschutz der Ideen wird gewährleistet.
  • Vielfalt und Verschiedenheit der politischen Kräfte wird respektiert und sichergestellt.
Aus: Der Steinbacher Weg. Motivation und Orientierungshilfe zur nachhaltigen Gemeindeentwicklung.
 
 



Spielregeln schaffen Klarheit und Verbindlichkeit. Sie dienen der Formierung und Stabilisierung der Kooperation, indem eine Richtung vorgegeben wird, die Grundlage des Einvernehmens zwischen den verschiedenen Partnern ist und auch in der regionalen Öffentlichkeit verbreitet werden kann. Spielregeln können auch grundsätzliche Fragen regeln, wie:

 
 
  • die Grundphilosophie und die strategischen Ziele (Leitbild),

  • Mitgliedschaft und Mitgliederstatus wie Austrittsformalitäten,

  • Entscheidungs- und Beschlussfassungsmodalitäten, wie Stellvertreterregelung, Stimmrechte, Abstimmungs- und Entscheidungsprinzipien,

  • Leitungs- und Führungsorgane und Gremien,

  • den Umgang mit Interessenkonflikten sowie der Vorteils- und Lastenausgleich zwischen den Kooperationspartnern.
 
 

Spielregeln der Kooperation lassen sich auf unterschiedliche Weise fixieren: in freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, wie z.B. in einer Charta oder in einem "Zukunftsvertrag", in einer Kooperationsvereinbarung oder auch in Satzungen.

 
 

Rückkopplung in die Herkunftsinstitutionen unterstützen

Wirkung zeigt die kooperative Regionalentwicklung vor allem dann, wenn dieser Prozess in das regionale Handeln und Entscheiden eingebunden ist, d.h. wenn Verbindungen zwischen beiden Handlungssträngen erkannt und hergestellt werden. Diese Rückbindung zwischen dem "Kooperationsgesandten" und seiner Organisation ist vor allem in größeren Einrichtungen mit einer diversifizierten Zuständigkeits- bzw. Ämterstruktur eine nicht einfache Aufgabe und daher nicht immer erfolgreich. Gewisse, wenn auch eher begrenzte Steuerungsmöglichkeiten gibt es über:

Stolperstein
 
  • die Wahl der Personen, die die Einrichtung in den Kooperationsgremien vertreten (insbesondere deren Hierarchieebene, Kommunikationsfähigkeit, persönliches Engagement etc.);

  • die frühzeitige und kontinuierliche Information aller Herkunftsinstitutionen über Ziele, Strategien und Projekte der regionalen Kooperation;

  • Protokolle mit einer guten Strukturierung und Begründung der Beschlüsse;

  • die Klarstellung des Verhältnisses zwischen den beiden Handlungssträngen, um möglichen Befürchtungen hinsichtlich eventueller Kompetenzverluste frühzeitig vorzubeugen und bestehende Wechselwirkungen aufzuzeigen;

  • Bereitstellung von Moderationskapazität zur Unterstützung der Rückbindung.
 
 

Umsetzung von Zielen und Beschlüssen durch Regionale Entscheidungsträger

Im Rahmen der Ablauforganisation ist dafür Sorge zu tragen, dass die formulierten Ziele, Strategien und Projekte auch umgesetzt werden. Dies gestaltet sich vor allem dann schwierig, wenn dabei der Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich regionaler Akteure und Institutionen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft (z.B. Bauleitplanung) tangiert wird bzw. wenn die Ziele, Strategien und Projekte nur durch aktive Mitwirkung prozessexterner Personen, Institutionen oder der Bevölkerung verwirklicht werden können. Auch wenn die kooperative Regionalentwicklung im Regelfall über keine Weisungs- oder Genehmigungsbefugnis verfügt, kann durch folgende flankierende Maßnahmen zumindest in gewissem Umfang Einfluß genommen werden:

 
 
  • Die wichtigsten Umsetzungsakteure sollten durch aktive Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in den verschiedenen Kooperationsgremien eingebunden und damit eine personelle Verknüpfung zwischen den beiden Handlungsebenen erreicht werden.

  • Die Partner verpflichten sich im Rahmen der Kooperationsvereinbarung, im Konsens getroffene Ziele und Beschlüsse auch innerhalb ihres Entscheidungs- und Verantwortungsbereiches umzusetzen.

  • Es werden "Kontrollmechanismen" zumindest jedoch Prüfkriterien aufgestellt, ob und wie die getroffenen Ziele und Beschlüsse von den regionalen Entscheidungs- und Handlungsträgern berücksichtigt und umgesetzt werden.

  • Kooperative Entscheidungen werden - sofern möglich - durch Fixierung in rechtsverbindlichen Plänen (z.B. durch Flächen- oder Standortfestsetzungen in Regionalplänen) oder Verträgen langfristig abgesichert.

  • Auch wenn die kooperative Regionalentwicklung im formalen Sinne nicht als "Träger öffentlicher Belange" agieren kann, ist es hilfreich, wenn sie zumindest im Sinne eines "TÖBs" als Sprachrohr für regionale Belange gehört wird.
Tipps
Checkliste

 

ZURÜCK ZUR STARTSEITE VORWÄRTS NACH OBEN